Thema: Wettbewerbsrecht
In den letzten Jahren hat das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb einige Reformen über sich ergehen lassen müssen. Zuletzt wurde es umfassend im Jahre 2020 bearbeitet. Die Reformen haben dazu geführt, dass es ruhiger geworden ist im Hinblick auf massenhafte wettbewerbsrechtliche Abmahnungen, bei tatsächlichen wettbewerbsrechtlichen Verstößen aber schwerer geworden ist, die Ansprüche der betroffenen durchzusetzen.
Fällt einem Unternehmen auf, dass ein Wettbewerber wettbewerbswidrige Handlungen unternimmt, dann beginnt ein bestimmtes Verfahren, an dessen Ende dem Wettbewerber verboten werden soll, die unlauteren geschäftlichen Praktiken fortzusetzen. Zunächst wird der wettbewerbswidrige Sachverhalt ermittelt, hierzu sind ggfs. Testkäufe durchzuführen oder Untersuchungen im Ladengeschäft vorzunehmen. Die Beweismittel sind zu sichern.
Im Fall von Testkäufen besteht die Möglichkeit, im Falle des Obsiegens die Rechercheaufwendungen, sprich den Kaufpreis, von der Gegenseite erstattet zu verlangen. Ist der Sachverhalt geklärt und belegbar, erfolgt eine Abmahnung. Bisher war es so, dass auch die Kosten der Abmahnung unproblematisch der Gegenseite in Rechnung gestellt werden konnten.
Da im Bereich des elektronischen Geschäftsverkehrs und den Telemedien aber massehaft Abmahnungen verschickt worden sind, die Informationspflichten, Kennzeichenpflichten oder ähnliches abgemahnt haben und regelmäßig kleine Unternehmensgrün der trafen, die durch die mit den Streitwerten verbundenen hohen Forderungen regelmäßig, über die Maßen belastet worden sind, sind die Ansprüche an eine Abmahnung erheblich gestiegen.
Insbesondere ist der Ersatz der erforderlichen Aufwendungen ausgeschlossen, bei Abmahnungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien begangenen Verstößen gegen gesetzliche Informations- und Kennzeichnungspflichten. Ebenso ist der Kostenerstattungsanspruch ausgeschlossen bei Verstößen gegen die DSGVO und das Bundesdatenschutzgesetz durch Unternehmen sowie gewerblich tätige Vereine, wenn sie weniger als 250 Mitarbeiter beschäftigen.
Erschwerend kommt hinzu, dass bei einer unberechtigten Abmahnung oder der unberechtigten Geltendmachung von Aufwendungsersatz, der Gegner einen eigenen Anspruch für die Erstattung der Kosten seiner Rechtsverteidigung geltend machen kann. Dies war bisher nicht so, bei einer ungerechtfertigten Abmahnung bzw. ungerechtfertigter Kostenansprüche wurde schlicht nicht reagiert, da man für den Fall, dass das Verfahren gerichtlich wird, gesetzliche Kostenerstattungsansprüche im gesetzlichen Verfahren hatte.
Erhält der Wettbewerber die Abmahnung kann ersieh entscheiden, was er tun möchte. Erkennt er, dass der Tatvorwurf gerechtfertigt ist, empfiehlt es sich, eine Strafbewehrte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abzugeben, um weitere Kosten im gerichtlichen Verfahren zu vermeiden.
Dies gilt jedenfalls dann, solange man sicher sein kann, dass man die stets mit zu vereinbarende Vertragsstrafe durch entsprechend rechtmäßiges Verhalten vermeiden kann. Läuft man Gefahr, dass so ein Fehlverhalten nochmals geschieht, dann kann überlegt werden, ob man nicht besser ein gerichtliches Verbot ergehen lässt, bei dem evtl. Strafzahlungen nicht der Gegenseite, sondern dem Staat zugutekommen, was die Motivation der Rechtsverfolgung regelmäßig erheblich erkalten lässt.
Gibt der Wettbewerber die geforderte Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung nicht ab, dann wechselt der Abmahnende in das gerichtliche Verfahren. Ob dies mit der einstweiligen Anordnung begonnen wird oder gleich Klage erhoben wird, kommt auf den Einzelfall an. Durch die diversen Reformen ist der fliegende Gerichtsstand im Einzelfall aufgehoben worden.
Grundsätzlich gilt, dass für alle Rechtsstreitigkeiten, die wettbewerbsrechtlicher Natur sind, ausschließlich Landgerichte zuständig sind. Unabhängig vom Streitwert landet man daher nie beim Amtsgericht, sondern stets beim Landgericht. Fliegender Gerichtsstand bedeutet, dass man aufgrund der Zuwiderhandlung das gerichtliche Verfahren bei jedem Gericht eröffnen kann, in dessen Bezirk die Zuwiderhandlung begonnen wurde. § 14, Absatz 2, Satz 3 bestimmt aber, dass dies nicht gilt bei Zuwiderhandlungen im elektronischen Geschäftsverkehr oder in Telemedien oder im Fall von Abmahnungen durch Abmahnvereine. Damit ist der fliegende Gerichtsstand der dazu führte, dass vor der Reform die Verfahren stets bei dem Landgericht geltend gemacht wurden, dessen Oberlandesgericht die für den Abmahnenden beste Rechtsprechung pflegte, mittlerweile regelmäßig bei dem Gericht geltend gemacht werden müssen, an dem Wettbewerber seinen Sitz hat. Dies kann dazu führen, dass die Verfahren mehr oder weniger schwierig durchzuführen sind. Die Risiken einer einstweiligen Anordnung liegen darin, dass im Falle eines Erlasses und der Vollziehung der einstweiligen Anordnung (einstweilige Anordnungen müssen immer zum Zwecke der Vollziehung zugestellt werden, anderenfalls verlieren sie nach vier Wochen ihre Wirkung), das Unterlassungsgebot des Gerichts einhält. Legt er Widerspruch ein oder fordert dazu auf, Hauptsacheklage zu erheben, kann sich nach ein bis zwei Jahren herausstellen, dass die Unterlassungsverfügung nicht gerichtfertigt war.
Hat der Wettbewerber dann in diesem Zeitraum bestimmte Waren nicht verkauft oder vernichtet, kann er Schadensersatzansprüche gegen denjenigen geltend machen, der eine ungerechtfertigte einstweilige Anordnung erhalten hat. Das Risiko dieser Haftung ist daher vor Beantragung einer einstweiligen Verfügung sorgfältig abzuwägen, um nicht am Ende selbst auf einen hohen Schaden sitzen zu bleiben. So kann es sich als besser erweisen, ein grundsätzlich länger dauerndes Klageverfahren einzuleiten, als eine riskante einstweilige Verfügung. Insbesondere hinsichtlich der sehr wichtigen Dringlichkeit fällt die Rechtsprechung der Oberlandesgerichte bis heute erheblich auseinander.
Das Gesetz gegen unlauteren Wettbewerb vermutet, dass eine Wettbewerbssache dringlich ist. Hält sich der Abmahnende an bestimmte Regeln, die von den Oberlandesgerichten unterschiedlich aufgestellt werden, gilt die Dringlichkeit als gegeben. Entscheidend ist, wie viel Zeit zwischen der Feststellung des Sachverhaltes und dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ergeht. Die Gerichte schwanken zwischen vier Wochen und zwei Monaten. Mangels fliegenden Gerichtsstandes kann man sich heute nicht mehr das Gericht aussuchen, dass die längste Frist gewährt, sondern muss gegebenenfalls, mit einem Gericht vorliebnehmen, dass nur eine sehr kurze Frist für die Dinglichkeit als angemessen hält und schon deswegen klagen, um zu vermeiden, dass eine einstweilige Anordnung als unzulässig abgewiesen werden kann.
Lesen Sie den nächsten Teil zum Wettbewerbsrecht in der November Ausgabe Wirtschaftsecho.