Geestland. Dass Staat und Gesellschaft für hilfsbedürftige Menschen eintreten und sie bei Bedarf auch finanziell unterstützen, ist im internationalen Maßstab alles andere als selbstverständlich. Aber in Deutschland gehört diese Praxis zu den Grundfesten des sozialen und demokratischen Rechtsstaates. In dem soll die Würde des Menschen oberstes Prinzip sein und ist deshalb im Grundgesetz im ersten Artikel festgeschrieben.

Hilfe in Notlagen und bei wirtschaftlicher Bedürftigkeit bedeutet auch Respekt vor den schwächeren Gliedern im Gemeinwesen sowie vor allen Menschen. Doch Respekt ist keine Einbahnstraße. Die sozialen Leistungen des Staates werden von den Beitragszahlern finanziert. Und die müssen dafür arbeiten, zum Teil hart. Da ist es respektlos und ungerecht, wenn Personen arbeiten könnten, stattdessen jedoch lieber auf Sozialleistungen ausweichen und erwarten, dass Arbeitende das für sie weich abfedern.

Vor diesem Hintergrund galt einmal die Maxime des Förderns und Forderns: Bezieher von Sozialleistungen sollen so gestärkt werden, dass sie bald wieder auf eigenen Beinen stehen können. Doch vom „Fördern und Fordern“ ist im Amtsalltag überwiegend das Fördern übrig geblieben.

Ähnlich respektlos und ungerecht verhält es sich, sofern der Unterschied zwischen dem Arbeitslohn und dem, was an staatlicher Unterstützung (und da gibt es nicht nur das Bürgergeld) bezogen werden kann, zu gering ausfällt. In nur zwei Jahren ist die soziale Hilfe im so genannten Bürgergeld um ein Viertel angestiegen. Dem stehen aber keine 25-prozentigen Lohnerhöhungen in der freien Wirtschaft gegenüber.

Gleichzeitig entfallen Lohnsteigerungen, wenn im Rahmen der sozialen Hilfe Ergänzungsleistungen gezahlt werden. Denn das wird mit Kindergeld und Wohngeldzuschüssen verrechnet. Der Abstand zwischen Lohn oder Gehalt einerseits und Bürgergeld andererseits wird damit immer geringer. Jüngste Berechnungen des Ifo-Institutes belegen ein weiteres Mal: Das staatliche Hilfssystem ist zum Teil leistungsfeindlich und setzt oft zu geringe Arbeitsanreize. Auf Dauer kann das nicht gut gehen.