Nicht nur auf Strom & Wärmepumpen setzen
Von Horst Zech
Lingen/Oldenburg.
Der Staat hat die Aufgabe geeignete Rahmenbedingungen zu schaffen, um eine Versorgungssicherheit zu gewährleisten. Sollten allerdings die Unternehmen der Gasversorgung die Versorgung nicht sicherstellen können, dann greift der Staat ein. Bei Beginn des russischen Angriffskrieges gegen die Ukraine hat Deutschland vor allem Erdgas mit einem Anteil von bis zu 55% aus Russland importiert. Durch erhöhte Erdgaslieferungen aus Norwegen und den Niederlanden sowie Flüssiggas Importen, konnte die Abhängigkeit sehr stark reduziert werden. Flüssigerdgas ist auf -161°C bis -164 °C abgekühlt. Dieses LNG (Liquid Natural Gas) hat nur ein Sechshundertstel des Volumens von gasförmigen Erdgas und ist in dieser Form gut zu transportieren. Der Ausbau von Flüssiggas-Terminals wird vorangetrieben. Das Gas wird dann von den Terminals in das Erdgasnetz eingespeist.
Bis zu einem Drittel des Gasbedarfs lässt sich mit den schwimmenden Gasterminals decken. Das fossile Flüssiggas soll aber nur eine kurzfristige Lösung sein, denn die aufgebaute Infrastruktur soll zukünftig für die Wasserstoff Anlandung genutzt werden.
Unter der Vorgabe die CO2-Emmissionen zu reduzieren, kam es zu starken Preisanstiegen in der Energieversorgung. Dabei schoss vor allem der Preis für Erdgas, aber auch für Erdöl in die Höhe.
Die Sanktionen gegenüber Russland suggerierten eine Energieknappheit auch für andere Energieträger, die damit auch sehr teuer wurden. Die vorgesehene Umstellung unserer Energieversorgung auf Strom und, wo es irgendwie geht, auf andere Energieträger benötigt ein Speichermedium. Hier bietet sich Wasserstoff als Energieträger und Speichermedium geradezu an.
Wir können nicht nur auf Strom und Wärmepumpen setzen. Unsere Industrie kommt mit Strom allein nicht aus. Die Elektrofahrzeuge müssen geladen werden, doch unser Stromnetz reicht dafür nicht aus. Auch die geplanten Investitionen werden daran nichts ändern.
In Deutschland gibt es ein über 500.000 km langes Gasnetz, das man zumindest zum Teil für die Einspeisung von Wasserstoff nutzen kann. Schon jetzt wird mancherorts dem Erdgas in ausgesuchten Regionen in Verteilungsleitungen 10%, 20% und bis zu 30% Wasserstoff beigemischt.
Für die Herstellung von grünem Wasserstoff wird Wasser mit erneuerbarer Energie, z.B. durch Elektrolyse in Wasserstoff- und Sauerstoffmoleküle gespalten. Auch kann durch Vergasung und Vergärung von Biomasse reiner Wasserstoff und Sauerstoff hergestellt werden, ohne das Kohlendioxid entsteht. Blauer Wasserstoff wird hingegen aus Erdgas mit Kohlenstoffabscheidung gewonnen. Diese Art der Herstellung ist kostengünstiger und damit der schnellste Weg zu einer mengenmäßig großen Wasserstoffproduktion zu gelangen. Der Vorteil wäre ein schneller Aufbau von Infrastruktur und damit die Umstellung auf Wasserstoff für Industrie, Gewerbe und Haushalte. Die erzeugten Strommengen, die den aktuellen Bedarf übersteigen, können mit dem zu viel erzeugten Strom grünen Wasserstoff erzeugen. Dieser Wasserstoff kann ins Erdgasnetz oder auch Kavernen eingespeist werden und auch das Gasnetz kann als Speicher genutzt werden.
Aber sind die Rohrleitungen auch für Wasserstoff geeignet? Die Gasfernleitungen bestehen aus geschweißten Stahlrohren und werden mit einem höheren Druck gefahren. Die Gasverteilungsleitungen dagegen können aus Gusseisen, Stahl oder Kunststoff bestehen. Bei den Kunststoffleitungen handelt es sich meist um PVC- oder PE-Rohrwerkstoffe. Bei den PE-Werkstoffen wurden PE 80, PE 100. PE 100 RC und PA betrachtet (1). Verschiedene Versuche in den letzten Jahren haben gezeigt, dass eine weitgehende Nutzung des Erdgasnetzes möglich ist. Grundsätzlich können für den Transport von Wasserstoff über lange Strecken die gleichen Rohrleitungen genutzt werden, durch die heute Erdgas fließt. Im Detail muss noch die Wasserstofftauglichkeit von Armaturen, Flanschen und Dichtungen
überprüft bzw. erneuert werden. So kommen auch nicht alle Pipelines für eine Umrüstung in Frage, da Wasserstoff mit einem höheren Druck transportiert wird.
Einen weiteren Aspekt bringt die Bundesnetzagentur (2) ein. Sie sieht den Einsatz von Wasserstoff in der Erdgasstruktur wesentlich zurückhaltender. Eine Beimischung von Wasserstoff ins Gasnetz im großen Stil ist demnach unwahrscheinlich. Zum einen, weil bei den Endgeräten bei einer Erhöhung der Wasserstoffbeimischung ein hoher Anpassungsbedarf nötig wäre. Zum anderen werden die Verbraucher auch in Zukunft reinen Wasserstoff, vor allem in der Industrie und reines Erdgas beziehen wollen. Man geht davon aus, dass sich eine Wasserstoffnetzstruktur parallel zum vorhandenen Gasnetz entwickeln wird.
Ausblick
Aus bisheriger Sicht lässt sich schlussfolgern, dass die ingenieurtechnischen Ergebnisse vielversprechend sind, das Erdgasnetz zur Einspeisung von Wasserstoff zu nutzen. Für eine wirtschaftliche Nutzung spielen allerdings die Nachfrage und das Angebot eine große Rolle.
Wie die rechtlichen Rahmenbedingungen greifen ist zurzeit nicht auszumachen. Da wir kurzfristig weitestgehend ausreichend mit Energie versorgt wurden, wenn auch zu einem hohen Preis, wird sich der Markt für Energie beruhigen. Zukünftige Energiekonzepte für den Klimaschutz werden wie auch die Langfristverträge in der Energiewirtschaft ausschlaggebend für die Versorgungssicherheit sein.
Literatur
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Andreas Redmann: Einfluss von Wasserstoff auf Kunststoffrohre und Formteile untersucht: Wasserstoffintegrität belegt
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Bundesnetzagentur (2020)“Regulierung von Wasserstoffnetzen-Bestandsaufnahme“