Eine klarstellende Entscheidung des BFH: Steuerermäßigung für die Inanspruchnahme haushaltnaher Dienstleistungen durch Mieter
Der BFH hat mit Urteil vom 20.04.2023 – VI R 24/20 entschieden, dass Mieter Aufwendungen für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen gemäß § 35a EStG steuermindernd geltend machen können, auch wenn sie die Verträge mit den Leistungserbringern nicht selbst abgeschlossen haben.
Die Kläger wohnten in einer angemieteten Eigentumswohnung. Der Vermieter stellte ihnen mit der Nebenkostenabrechnung Aufwendungen für Treppenhausreinigung, Schneeräumdienst, Gartenpflege und für die Überprüfung von Rauchwarnmeldern in Rechnung. Hierfür begehrten sie die Steuerermäßigung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen nach § 35a EStG. Finanzamt und Finanzgericht lehnten dies ab.
Der BFH entschied anders. Er gab den Steuerpflichtigen Recht. Nach der Entscheidung des BFH steht der Steuerermäßigung nicht entgegen, dass Mieter die Verträge mit den jeweiligen Leistungserbringern, z.B. dem Reinigungsunternehmen und dem Handwerksbetrieb, regelmäßig nicht selbst abschließen.
Für die Gewährung der Steuerermäßigung sei ausreichend, dass die haushaltsnahen Dienstleistungen und Handwerkerleistungen dem Mieter zu Gute gekommen.
Soweit das Gesetz zudem verlange, dass der Steuerpflichtige für die Aufwendungen eine Rechnung erhalten habe und die Zahlung auf das Konto des Erbringers der Leistung erfolgt sei, genüge als Nachweis auch eine Wohnnebenkostenabrechnung oder eine Bescheinigung, die dem von der Finanzverwaltung anerkannten Muster entspricht (vgl. Schreiben des Bundesfinanzministeriums vom 09.11.2016).
Aus beiden müsse sich allerdings Art, Inhalt und Zeitpunkt der Leistung sowie Leistungserbringer und Leistungsempfänger nebst geschuldetem Entgelt einschließlich des Hinweises der unbaren Zahlung ergeben.
Nur bei sich aufdrängenden Zweifeln an der Richtigkeit dieser Unterlagen bleibt es dem Finanzamt oder im Klageverfahren dem Finanzgericht unbenommen, die Vorlage der Rechnungen im Original oder in Kopie vom Steuerpflichtigen zu verlangen. In diesem Fall müsse sich der Mieter die Rechnungen vom Vermieter beschaffen.
Diese Rechtsprechung gilt entsprechend für Aufwendungen der Wohnungseigentümer, wenn die Beauftragung für haushaltsnahe Dienstleistungen und Handwerkerleistungen durch die Wohnungseigentümergemeinschaft – regelmäßig vertreten durch deren Verwalter – erfolgt ist.
Außergewöhnliche Belastungen bei Aufwendungen für eine operative Fettabsaugung (Liposuktion)
Aufwendungen für eine Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems sind jedenfalls ab dem Jahr 2016 regelmäßig ohne Vorlage eines vor den Operationen erstellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen. Das hat der BFH mit Urteil vom 23.03.2023 – VI R 39/20 entschieden.
Die Klägerin litt seit Jahren an einem Lipödem (krankhafte Fettverteilungsstörung). Da konservative Behandlungen keine Besserung bewirkten, unterzog sie sich im Streitjahr (2017) auf Anraten des behandelnden Arztes einer Liposuktion.
Die Krankenkasse übernahm die Kosten der Operation nicht, da der Gemeinsame Bundesausschuss der Krankenkassen (GBA) – trotz jahrelanger Prüfung – immer noch keine entsprechende Kostenübernahmeempfehlung ausgesprochen hatte.
Die Klägerin machte den Aufwand als außergewöhnliche Belastung geltend. Das Finanzamt lehnte dies unter Berufung auf BFH-Rechtsprechung zu früheren Zeiträumen ab, da es sich um eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode handele und ein vor Behandlungsbeginn ausgestelltes Gutachten bzw. eine ärztliche Bescheinigung des Medizinischen Dienstes nicht vorlagen.
Der Argumentation, die Liposuktion sei eine wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethode, schloss sich das Finanzgericht nach umfangreicher Auswertung entsprechender medizinischer Fachbeiträge nicht an und gab der Klage statt. Der BFH bestätigte diese Entscheidung.
Inzwischen (jedenfalls ab 2016) bestehe über die Wirksamkeit und Zweckmäßigkeit der Liposuktion bei einem Lipödem unter den Medizinern kein nennenswerter Streit mehr. Zudem benenne das Gesetz beispielhaft die Frisch- und Trockenzellenbehandlung sowie die Sauerstoff-, Chelat- und Eigenbluttherapie als wissenschaftlich nicht anerkannte Behandlungsmethoden. Damit sei die Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems nicht vergleichbar.
Die fehlende Einbeziehung der Liposuktion in das Leistungsverzeichnis der Krankenkassen durch den GBA sei unerheblich. Da die bei der Klägerin durchgeführte Liposuktion nicht kosmetischen Zwecken gedient habe, sondern medizinisch indiziert gewesen sei, habe es für die Anerkennung der Kosten als außergewöhnliche Belastungen, ebenso wie bei anderen Krankheitsaufwendungen, nicht der Vorlage eines vor der Behandlung ausgestellten amtsärztlichen Gutachtens oder einer ärztlichen Bescheinigung eines Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung bedurft.
Quelle: taxnews
Geschäftsführerbezüge: Wie wird eine vGA vermieden?
Wann liegt eine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vor? Der BFH hat geklärt, wann bei gleichzeitiger Zahlung von Gehalt und Versorgungsleistungen an einen GmbH-Geschäftsführer eine vGA anzunehmen ist. Bei einem reduzierten Gehalt liegt demnach keine gesellschaftliche Veranlassung vor, wenn in Summe mit den Versorgungsleistungen die vorherigen (alleinigen) Aktivbezüge nicht überschritten werden.
Mit Urteil vom 15.03.2023 (I R 41/19) hat der Bundesfinanzhof (BFH) entschieden, dass nach Maßgabe des hypothetischen Fremdvergleichs keine verdeckte Gewinnausschüttung (vGA) vorliegt, wenn bei der gleichzeitigen Gewährung von Versorgungsbezügen und Geschäftsführergehalt diese insgesamt die zuvor gewährten Aktivbezüge nicht übersteigen.
Sachlage im Streitfall
Die Klägerin ist eine GmbH, die Beratungsleistungen im Ingenieurbereich erbringt. Gesellschafter und alleiniger Geschäftsführer war K, der ein laufendes Gehalt sowie Tantiemen bezog. Die Klägerin erteilte K eine Versorgungszusage für ein monatliches Ruhegehalt ab der Vollendung des 65. Lebensjahrs. Voraussetzung war weiterhin, dass K aus dem Dienst ausscheidet.
Der Geschäftsführeranstellungsvertrag wurde im Jahr 2010 beendet. Im Jahr 2011 erfolgte jedoch die Wiederanstellung von K. Für seine Tätigkeit erhielt er ein geringes monatliches Grundgehalt. Die Versorgungszahlungen sollten jedoch von dieser Wiederanstellung unberührt bleiben. Im Rahmen einer Lohnsteueraußenprüfung wurden das zusätzliche Geschäftsführergehalt sowie die Versorgungszahlungen als vGA berücksichtigt.
Gegen die entsprechend geänderten Bescheide wendete sich die Klägerin im Einspruchs- und im Klageverfahren. Die Wiedereinstellung des K sei vor dem Hintergrund erfolgt, dass die Gefahr des Verlusts von Aufträgen bestand. Das Finanzgericht Münster (FG) gab der Klage statt und änderte den Körperschaftsteuerbescheid. Der BFH sah die Revision des Finanzamts als unbegründet an, hob das Urteil des FG jedoch aus verfahrensrechtlichen Gründen auf.
Voraussetzungen für das Vorliegen einer vGA
Nach § 8 Abs. 3 Satz 2 KStG liegt eine vGA vor, wenn bei einer Kapitalgesellschaft eine durch das Gesellschaftsverhältnis veranlasste Vermögensminderung eintritt, welche sich auf den Unterschiedsbetrag auswirkt und keine offene Gewinnausschüttung darstellt.
Die gleichzeitige Gewährung eines Geschäftsführergehalts sowie von Versorgungsbezügen ist nach der Rechtsprechung des BFH nur bedingt mit dem Handeln eines ordentlichen und gewissenhaften Kaufmanns vereinbar. Vielmehr hätte entweder der Eintritt des Versorgungsfalls aufgeschoben oder das Gehalt auf die Versorgungsleistungen angerechnet werden müssen.
Nach der Auffassung des BFH schließen sich demnach bei einer Weiterbeschäftigung die uneingeschränkte Gewährung des Versorgungsausgleichs und die Zahlung des laufenden Gehalts aus. Im Streitfall wurde jedoch ein reduziertes Gehalt gewährt, weswegen im Rahmen des hypothetischen Fremdvergleichs zu entscheiden ist, ob das gewährte Gehaltspaket auch von fremden Dritten gewährt worden wäre.
Der BFH geht davon aus, dass ein fremder Dritter neben den Versorgungsbezügen zusätzlich nur ein Gehalt bis zu der Höhe des früheren Gehalts gewährt hätte. Da im Streitfall das Gesamtpaket aus Versorgungsbezügen und Gehalt das frühere Gehalt nicht überstieg, qualifizierte der BFH die Zahlungen nicht als vGA.
Praxishinweis
An Vertragsbeziehungen zwischen Gesellschaft und beherrschendem Gesellschafter werden erhöhte Anforderungen angelegt. Sie müssen klar, eindeutig und zivilrechtlich wirksam im Voraus vereinbart sein sowie tatsächlich durchgeführt werden. Steuerpflichtige sollten daher in ähnlich gelagerten Fällen erhöhte Sorgfalt bei entsprechenden Vereinbarungen walten lassen und im Voraus bereits ihren Steuerberater kontaktieren. BFH, Urt. v. 15.03.2023 – I R 41/19
Quelle: Deubner Verlag