Interview mit Lingens Oberbürgermeister Dieter Krone

Es gibt eine hervorragende Infrastruktur für GründerInnen“

Lingen. Erstmalig wurde der Gründerpreis Nordwest am 19. November in Halle IV in der Stadt Lingen verliehen. Trotz Krisenzeiten, Klimaveränderungen, Krankheiten und erheblicher Konjunkturschwankungen gibt es nachwievor GründerInnen, die den Schritt in die Selbstständigkeit wagen. In dem folgenden Interview gibt Dieter Krone, der seit 2010 Oberbürgermeister in Lingen ist, Antworten auf die Motivation und Ziele der Gründerszene.

 

1) Wie stehen die Chancen für GründerInnen trotz der vielen weltweiten Katastrophen?

Trotz aller Krisen ist die Gründerszene lebendiger denn je. Wir erleben in Lingen und der gesamten Region Weser-Ems viele Menschen, die ihre Ideen mutig in die Tat umsetzen. Gerade in schwierigen Zeiten entstehen oft die innovativsten Konzepte, weil sie aus einem echten Bedarf heraus kommen. Die aktuellen Herausforderungen – ob Energie, Digitalisierung oder Fachkräftemangel – eröffnen neue Märkte und Chancen. Es braucht Mut, aber auch die Zuversicht, dass unsere Region dafür ein stabiles Fundament bietet.

2) Drei gute Gründe, warum man heute trotzdem ein Start-up gründen sollte

Erstens die Selbstbestimmung, denn wer gründet, gestaltet seine Zukunft aktiv und schafft eigene Werte. Zweitens die Innovation. Viele Start-ups treiben Wandel und Fortschritt voran, insbesondere in den Bereichen Energie, Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Und drittens sind es Netzwerke und Unterstützung: Heute gibt es in unserer Region eine hervorragende Infrastruktur für Gründerinnen und Gründer – vom Campus Lingen über die Wirtschaftsförderungen bis hin zu Preisen wie dem Gründerpreis Nordwest. Dazu kommen Anlaufstellen wie das Seedhouse Lingen, vielfältige Förderprogramme wie das Gründungsstipendium oder EXIST sowie eine immer bessere Vorbereitung in Schulen und Hochschulen auf den Weg in die Selbstständigkeit. Wer eine gute Idee hat, findet bei uns starke Partner und verlässliche Unterstützung.

3) Welche Fähigkeiten und Tugenden sollen GründerInnen mitbringen ?

Gründungswillige brauchen vor allem Leidenschaft, Ausdauer und Lernbereitschaft. Der Weg in die Selbstständigkeit ist kein Sprint, sondern ein Marathon. Wichtig ist die Fähigkeit, mit Rückschlägen umzugehen und trotzdem an die eigene Idee zu glauben.

Ebenso entscheidend ist ein gutes Team mit unterschiedlichen Kompetenzen – niemand kann alles allein leisten. Offenheit für Neues, die Bereitschaft, Hilfe anzunehmen, und das Vertrauen, im richtigen Moment auch Aufgaben zu delegieren, sind zentrale Erfolgsfaktoren. Ein starkes Netzwerk ist dabei genauso wichtig wie der Glaube an die eigene Idee und das „Brennen“ für das eigene Vorhaben.

Verzichten müssen viele Gründerinnen und Gründer zunächst auf Sicherheit, denn ein festes Einkommen, geregelte Arbeitszeiten oder Urlaubsplanung gehören selten dazu. Dafür gewinnen sie Freiheit, Gestaltungsspielraum und die Möglichkeit, etwas Eigenes aufzubauen.

Zudem gibt es deutlich mehr Unterstützung als früher: Neben klassischen Programmen wie Gründungszuschüssen bieten regionale Initiativen, die gezielt Begleitung, Coaching und Fördermittel anbieten Der Gründerpreis Nordwest ist ein starkes Zeichen, dass Unternehmergeist in unserer Region Wertschätzung erfährt.

 

4) Hat sich die Sichtweise auf Unternehmensgründungen geändert – und gibt es heute eine neue Fehlerkultur?

Definitiv. Früher galt die Selbstständigkeit oft als Risiko, heute als Chance. Wir erleben ein gesellschaftliches Umdenken: Scheitern wird nicht mehr als Makel gesehen, sondern als Teil des Lernprozesses. Diese „Fehlerkultur“ ist ein wichtiger Baustein einer modernen Gründerszene.

Viele junge Menschen wollen nicht einfach nur einen sicheren Arbeitsplatz, sondern Sinn stiften, gestalten und Verantwortung übernehmen. Das spüren wir nicht nur am Campus Lingen, wo Studierende frühzeitig mit praxisnahen Projekten und Gründungsideen in Berührung kommen, sondern ganz deutlich in der täglichen Arbeit unserer Wirtschaftsförderung. Dort wird sichtbar, dass der Unternehmergeist in unserer Region stetig wächst – über Branchen und Altersgruppen hinweg.

5) Wie viele Studierende gibt es am Campus Lingen und wieviele Gründungen?

Am Campus Lingen der Hochschule Osnabrück studieren derzeit rund 2.300 Studierende in etwa 24 Studiengängen. Der Anteil praxisorientierter Projekte ist hoch, und die Hochschule fördert aktiv unternehmerisches Denken.

Ein Beispiel dafür sind die Campus Convention, die regelmäßig innovative Ideen und Forschungsprojekte sichtbar macht sowie die Blockwochen zum Thema Unternehmertum und der Studiengang „Entrepreneurship“. In den letzten Jahren sind mehrere erfolgreiche Gründungen aus dem Umfeld des Campus hervorgegangen – von Start-ups im Medienbereich über nachhaltige Produktideen bis hin zu digitalen Geschäftsmodellen. Diese Dynamik zeigt, dass der Campus und das Netzwerk drumherum ein echter Innovationsmotor für die gesamte Region sind.

 

Bildunterschrift: Oberbürgermeister Dieter Krone