Die Suche nach Arbeitnehmern, insbesondere Fachkräften, macht Arbeitgeber erfinderisch. Was in der Bundesliga der Fußballer schon seit Jahrzehnten gang und gäbe ist, nimmt auch in der normalen Arbeitswelt immer mehr zu. Die besten Fachkräfte werden direkt bei der Konkurrenz abgeworben. Kommen die Fachkräfte nicht freiwillig, werden schwere Geschütze aufgefahren, die Mitarbeiter werden am Arbeitsplatz mit Telefonaten überhäuft und es werden Abwerbeprämien versprochen.

Der gemeine Arbeitgeber denkt sich: „das kann doch alles nicht richtig sein“ und verlangt, dass dieses unlautere Verhalten des Mitbewerbers umgehend beendet wird! Die Frage ist, ob das Abwerben von Mitarbeitern ein unlauteres, wettbewerbswidriges Geschäftsgebaren darstellen kann. Wäre es so, so könnte man es dem Mitbewerber verbieten und gegebenenfalls Schadensersatzansprüche geltend machen. Grundsätzlich gilt jedoch, der Wettbewerb um Mitarbeiter ist frei und auch das Abwerben von Mitarbeitern der Konkurrenz gehört zum Teil des fairen Wettbewerbes und ist demnach zulässig. Unzulässig wird es erst dann, wenn besondere Umstände hinzukommen, die den Versuch die guten Mitarbeiter der Konkurrenz zu bekommen, unlauter erscheinen lassen. Die Rechtsprechung sucht in diesem Zusammenhang nach unlauteren Umständen, etwa verwerfliche Zwecke, verwerfliche Mittel oder Methoden, die eingesetzt werden, um Mitarbeiter abzuwerben. Als einen solchen verwerflichen Zweck bewertet die Rechtsprechung die gezielte Behinderung der Konkurrenz, wenn im großen Stil Mitarbeiter abgeworben werden, um den Wettbewerber wirtschaftlich „lahm“ zu legen (OLG Oldenburg vom 18.09.2015, Aktenzeichen 6 U 135/15). Diese Ansicht unterstützt auch das OLG Frankfurt, das noch ergänzend hinzufügt, dass die Abwerbung von Mitarbeitern eines Konkurrenten mehr sein muss, als der Versuch der Gewinnung neuer eigener Mitarbeiter und als gezielte Behinderung des Mitbewerbers geplant sein muss (Aktenzeichen 6 W 39/18 vom 15.05.2018).

Auch ist es verboten, Mitarbeiter am Arbeitsplatz von der Arbeit durch ständige Anrufe abzuhalten, um sie abzuwerben. Allerdings ist eine erste Kontaktaufnahme auch am Arbeitsplatz zulässig, um das Interesse an einer Abwerbung oder eines Jobangebotes auszuloten. Dieses darf aber über ein kurzes Gespräch nicht hinausgehen. Die Abwerbeprämie wird gemeinhin als „verleiten zum Vertragsbruch“ verstanden. Dies sieht die Rechtsprechun

g anders und stellt fest, dass positive Anreize im Zusammenhang mit einem Abwerbeversuch durchaus zulässige Mittel des Wettbewerbes sind. Ein Vertragsbruch besteht nicht darin, dass ein Arbeitnehmer sein Arbeitsverhältnis fristgemäß kündigt. Die Kündigung selbst ist ein legitimes Mittel des Vertragsrechtes und kein Vertragsbruch. Etwas anderes wäre es, wenn der Mitarbeiter aufgefordert wird, schon einmal krank zu feiern, um beim neuen Arbeitgeber noch vor Ende der ordentlichen Kündigungsfrist anzufangen. In diesen Fällen wurde der Mitarbeiter zum Vertragsbruch verleitet. Das Ausnutzen eines fremden Vertragsbruches, zu dem man nicht angestiftet hat, ist wieder unbedenklich. Kündigt also ein Arbeitnehmer und meldet sich krank, um sogleich beim neuen Arbeitgeber anzufangen, so verhält er sich zwar vertragsbrüchig, weiß der neue Arbeitgeber davon aber nichts, kann ihm nicht vorgeworfen werden, dass er den Arbeitnehmer beschäftigt.

Zusammenfassend kann daher festgestellt werden: Mitarbeiter sind genauso Gegenstand eines Wettbewerbes wie Kunden, sie dürfen aktiv abgeworben werden, sie dürfen für einen Wechsel des Arbeitgebers belohnt werden aber das gesunde Maß muss dabei im Auge behalten werden. In diesem Sinne: viel Erfolg bei der Suche nach Mitarbeitern und Fachkräften.