Bargeld lacht! – Doch gilt das noch uneingeschränkt? Vielleicht wird den Ein- und Zwei-Cent-Münzen das Lachen bald vergehen. In jüngster Zeit werden Überlegungen über ihre Zukunft angestellt. Benötigen wir sie noch oder sollten wir besser auf sie verzichten? Die EU-Kommission hat schon 2013 wegen der gestiegenen Herstellungskosten eine Abschaffung der kleinen Münzen ins Gespräch gebracht. Sie kann allerdings nur durch eine für alle Euro-Länder einheitliche Entscheidung erfolgen. Deshalb ist der Vorschlag bisher nicht realisiert worden. Ein einheitliches Vorgehen aller Euro-Länder in dieser Frage ist derzeit nicht erkennbar.

Eine starke Reduzierung des Bestandes ist jedoch möglich, wenn in der gesamten Wirtschaft des Euro-Raumes ausschließlich oder zumindest überwiegend Preise gelten, die hinter dem Komma auf null oder fünf Cent enden. Bieten Unternehmen ihre Waren und Dienstleistungen nur noch zu solchen Preisen an, so werden sie ihren Kunden bei einer Barzahlung selten mehrere Ein- oder Zwei-Cent-Münzen als Wechselgeld geben. Soweit sie solche Münzen noch von ihren Kunden erhalten, werden sie sie zu ihrer Bank bringen. Dort wird keine Nachfrage nach diesen Münzen bestehen, wenn sie weder als Wechselgeld noch als Mittel für eine zahlenmäßig exakte Bezahlung benötigt werden. Auf diese Weise wird der Umlauf der Kleinstmünzen sehr schnell erheblich zurückgehen. Damit es zu einer solchen Situation in einem Land kommt, ist allerdings ein einheitliches Vorgehen insbesondere des Einzelhandels notwendig.

Diese Situation ist inzwischen in einigen Ländern eingetreten. In Finnland, Irland, Belgien, den Niederlanden und Italien spielen die beiden kleinsten Euro-Münzen schon seit einiger Zeit beim täglichen Einkauf kaum noch eine Rolle. Das wird allerdings in unterschiedlicher Form erreicht. Zahlreiche Preise werden nur noch in vollen fünf Cent ausgedrückt. In anderen Fällen behalten die Einzelpreise ihre Gültigkeit, doch die an der Kasse zu zahlende Gesamtsumme wird auf volle fünf Cent auf- oder abgerundet.

Finnland, Irland und Italien haben die Produktion der kleinen Münzen eingestellt. Da die Verlustquote bei diesen Münzen sehr groß ist, wird sich die Zahl der im Umlauf befindlichen Exemplare in diesen Ländern rasch reduzieren.

Inzwischen mehren sich in der Währungsunion die Forderungen nach einer Abschaffung der kleinen Münzen. Auch in Deutschland hat sich die Meinung der Bürger geändert. 2011 waren erst 39 % der Bevölkerung für die Abschaffung. In einer 2017 von der Deutschen Bundesbank durchgeführten Umfrage sprachen sich schon 47 Prozent der befragten Bürger für eine Abschaffung, nur noch 36 % dagegen aus. Schon ein Jahr später plädierten bei einer Umfrage der Europäischen Kommission sogar 62 % der Befragten in Deutschland für die Abschaffung. Wie sehr sich die Meinungen innerhalb der Währungsunion zugunsten einer Abschaffung gewandelt haben, zeigt sich daran, dass Deutschland trotz dieser raschen Änderung nur auf dem 11. Platz unter den 19 Euro-Ländern liegt.

Überaus bemerkenswert ist das Verhältnis zwischen ausgegebenen und noch im Umlauf befindlichen Ein- und Zwei-Cent-Münzen. 2018 wurden in Deutschland etwa 453 Millionen Ein-Cent-Stücke und 479 Zwei-Cent-Münzen hergestellt. Diese kleinen Münzen verschwinden sehr schnell aus dem Geldumlauf und werden durch neue ersetzt. Die Bundesbank geht aufgrund einer Umfrage davon aus, dass weit weniger als die Hälfte der ausgegebenen Kleinst-Münzen noch im Umlauf ist. Nach ihren Ermittlungen legt etwa ein Viertel der Bundesbürger die empfangenen kleinen Münzen zur Seite. Weitere 12 % nehmen die kleinen Münzen als Wechselgeld gar nicht erst an oder werfen sie in eine Spendendose. Aufgrund ihres geringen Wertes gehen viele Münzen verloren, weil sie keine sonderliche Beachtung finden. Eine der jüngsten Umfragen besagt sogar, dass manche Bürger – man mag es kaum glauben – die kleinen Münzen regelmäßig in den Müll werfen, weil sie ihre Aufbewahrung wegen ihres geringen Wertes nicht für sinnvoll halten.

Die Gegner der kleinen Münzen führen verschiedene Argumente an: Die Münzen haben nur einen sehr geringen Wert. Selbst eine vollständig mit ihnen gefüllte Geldbörse erlaubt kaum einen Einkauf. An Automaten können die Münzen aufgrund ihres minimalen Wertes nicht eingesetzt werden. Barzahlungen an Kassen erfordern oft eine ungebührlich lange Zeit, bis alle Münzen für eine exakte Zahlung gefunden sind. Auch die Zahlungen mit einem Geldschein und die Herausgabe des Wechselgeldes könnten schneller abgewickelt werden, wenn dafür keine Ein- oder Zwei-Cent-Münzen eingesetzt werden müssen. Die Einzelhändler könnten somit ihren Vorrat an Wechselgeld reduzieren. Die Herstellung einer Ein-Cent-Münze kostet etwa 1,6 Cent und überschreitet damit ihren materiellen Wert deutlich. Da diese Münzen nur einen geringen Aufmerksamkeitswert erreichen und die Verlustquote deshalb sehr groß ist, müssen sie ständig nachproduziert werden.

Doch es gibt auch gewichtige Argumente gegen die Abschaffung der kleinen Münzen. Viele Einzelhändler haben Bedenken gegen den Verzicht auf „krumme“ Preise knapp unterhalb eines runden Betrages. Sie fürchten, dass aufgrund eines psychologischen Effekts ein Preis von beispielsweise 10 Euro wesentlich höher als ein Preis von 9,98 Euro erscheint und deshalb von einem Einkauf abschreckt. Manche Konsumenten befürchten, dass die Hersteller und Verkäufer der täglich benötigten Waren die Preise mehr als nur auf den nächsthöheren runden Betrag erhöhen werden.

Für manche Bereiche ist eine Preisänderung um mehrere Cent für das einzelne Produkt unangemessen, weil sie zu einem zu großen Schritt bei der Änderung des Gesamtpreises führen würde. Das gilt zum Beispiel für die Benzinrechnung. Hier ist eine Änderung nur vertretbar, wenn sie nicht den Literpreis, sondern den Gesamtpreis eines Tankvorgangs betrifft. Noch haben die kleinen Münzen einen hohen Stellenwert. Im Jahr 2018 gab es im Euro-Gebiet je 3,4 Milliarden Ein-Cent- und Zwei-Cent-Münzen. Zum Vergleich: Von den beiden großen Münzen gab es je 1,5 Milliarden Stück.

Für eine völlige Abschaffung der kleinen Münzen scheint die Zeit noch nicht gekommen zu sein. Bis es zur Einigung aller Euro-Länder kommt, wird noch einige Zeit vergehen. „Wer den Pfennig nicht ehrt, ist des Talers nicht wert“, lautet ein bekanntes, aber inzwischen durch die Gemeinschaftswährung überholtes Sprichwort. Ein entsprechendes „Euro-Sprichwort“ gibt es bisher noch nicht. Ist das ein weiteres Argument für die Abschaffung der kleinen Cent-Münzen?