Interview mit Bettina Fabich, Ausstellerin auf den PROMOTIEDAGEN in Groningen   

Von Britta Neu

Oldenburg/Groningen. Bettina Habicht hat vor langer Zeit in Amsterdam studiert und machte sich mit der Firma Denies Deutsch Niederlands Plus im Jahr 2000 in Oldenburg selbstständig. Seit dem Jahr 2006 nimmt sie als Ausstellerin an der deutsch-niederländischen Unternehmermesse PROMOTIEDAGEN im Martiniplaza in Groningen teil, die immer Anfang November stattfindet. Sie setzt sich für eine Zusammenarbeit zwischen Niederländern und Deutschen ein, die für beide Seiten eine Bereicherung ist.

Seit 2015 ist sie strukturell eingebunden in die Entwicklung der Wunderline, die Zugverbindung zwischen Groningen und Bremen, im Auftrag der Provinz Groningen. Seit 2019 arbeitet sie zwei Tage die Woche als Koordinatorin des Netzwerks Anschlussmobilität Wunderline. In dem folgenden Interview gibt sie einen Einblick in das Nachbarland Niederlande.

War der Messeauftritt auf den PROMOTIEDAGEN immer erfolgreich und werden schon vor Ort in der Martiniplaza Verträge unterzeichnet?

Die PROMOTIEDAGEN ist in erster Linie eine grenzübergreifende Netzwerkmesse, Geschäftskontakte knüpfen und pflegen, Gespräche führen, Neuigkeiten erfahren, sich austauschen und sich in Erinnerung rufen, sind die primären Ziele. Es geht erst um die Besucher & Aussteller und dann um die Geschäfte. Die Motivation bei einem Geschäftstermin auf der Messe schnell zu einem Ergebnis zu kommen, führt bei den Niederländern/innen eher zur Verwirrung. Die Messe ist der Türöffner. Wenn im nachhinein weiterhin die Kontakte und Interessen gepflegt wurden, ist ein Vertragsabschluss möglich. Das kann ein bis drei Jahre dauern

Wichtig für den Auftritt auf dem gemeinsamen Pein Not(o)Erd-Messestand ist eine frühzeitige Vorbereitung, heißt: Im Vorfeld schon proaktiv Kontakte in die Niederlande knüpfen, die auch auf der Messe vertreten sind. Am besten schon Termine machen, um sich dann vor Ort live auszutauschen. Sonst wird es schwerer auf der Messe Kontakte zu knüpfen und ins Gespräch zu kommen.

Hilfreich ist auch, an den verschiedenen Ständen aktiv auf potenzielle Kunden und Kooperationspartner zuzugehen. Die Niederländer /innen sind offen und unkompliziert in ihrer Art und Weise und man kommt schnell in Gespräch. Dabei helfen Englischkenntnisse. Deutsche sprechen kaum Niederländisch und Niederländer/innen sprechen immer weniger Deutsch, mittlerweile auch in den Grenzregionen, verstehen es aber. Somit könnte das Gespräch so verlaufen: In Deutsch wird gefragt und die niederländische Seite antwortet auf Englisch.

Sie wissen, wie die niederländischen Kunden ticken? In welche Fettnäpfchen können deutsche Aussteller treten?

Den Niederländern/innen ist protziges Verhalten völlig fremd. Ihnen geht es nicht um das dickste Auto oder um die teuerste Uhr. Statussymbole sind nicht wichtig. Natürlich ist die Kleidung auf der Messe formeller, aber nicht steif. Ein Jackett zu einer guten Jeans, das Hemd in der Regel ohne Krawatte bei Herren. Bei den Damen muss es schon lange nicht mehr das konservative Kostüm sein.

Wie schon erwähnt ist eine gute Vorbereitung wichtig, aber die Gespräche sollten am Anfang eher allgemein gehalten werden. Unsere Nachbarn legen größeren Wert darauf, ihren Geschäftspartner erst einmal in Ruhe kennenzulernen, bevor sie zum inhaltlichen Teil übergehen. Bitte ihr Gegenüber nicht sofort mit Fachwissen überfrachten. Besonders wenn der Erstkontakt mit einer/einem Mitarbeiter/in in einer Leitungsposition stattfindet. Diese haben einen guten Rundumblick, sind aber nicht bis in kleinstes Detail auskennend. Was sie auch nicht sein müssen. denn dafür gibt es dann in der Firma die Fachleute.

Wenn von beiden Seiten das Gespräch passt, geht man ins Detail. Auch der in Deutschland oft angestrebte Perfektionismus, nach dem Motto „Nur das Beste ist gut genug“ ist auf der Seite der Niederlande eher zu hochgesteckt. Ganz nach dem Motto: „Goed is goed genoeg” ist tatsächlich gut genug und macht vieles entspannter.

Als kleiner Tipp: Als sympathischer Gesprächseinstieg sollte man die gängigen niederländischen Höflichkeitsfloskeln kennen: z.B. „Goerdeler“ für „Guten Tag“ oder „Dankjuwel“ für „Danke“, um nur zwei Beispiele zu nennen. Das Marketing-Material auf Niederländisch ist Pflicht.

Nun ist die Wirtschaft auch in Deutschland eher flau, der Hochbau ist zusammengebrochen. Wie sieht das hinsichtlich der Bauwirtschaft in den Niederlanden aus?

Die Bauwirtschaft hat in den letzten Jahren genauso wie in Deutschland gelitten, aber die Zahl der Konkurse war viel geringer als in Deutschland. Ein Großteil der niederländischen Firmen konnten auf Rücklagen zurückgreifen. In der Hinsicht hat man da aus der Vergangenheit gelernt.

Auch in den Niederlanden sind die Materialkosten deutlich gestiegen, die europäischen Vorgaben im Zuge der CO₂-busstoßgrenzen (Anm. d. Redaktion: Im Zuge des Pariser Klimaschutzabkommens gibt die Regierung der Niederlande als Ziel vor, dass die CO₂-Emissionen bis 2030 um 50 %, bis 2050 sogar um 95 % verringert werden müssen. Gebäude sind dabei für ein Drittel des gesamten CO₂-Ausstoßes verantwortlich) sind nur mit erhöhten Investitionen zu bewerkstelligen. Auch ein Grund, warum es in der Vergangenheit weniger öffentliche Bauaufträge gegeben hat. Dennoch wird für 2025 eine Entspannung der Lage prognostiziert, weil der Investitionsstau der öffentlichen Hand nun sukzessive eingestellt werden soll.

Und es gibt viel zu wenig bezahlbaren Wohnraum, die Mieten sind zu hoch, in den Städten kaum noch bezahlbar. Hier ist ebenfalls wie in Deutschland Abhilfe wichtig. Der soziale Wohnungsbau und auch die Infrastruktur des Landes benötigt deutlich mehr Investitionen. Das ist es, was auch das niederländische Kabinett anstrebt – dank spezieller Hypotheken- und Steuersparmodelle.

Darüber hinaus stellt das Thema „Fachkräftemangel“ eine große Problematik dar. Überall wird gesucht: im Pflegesektor, in der Gastronomie, nicht nur in der Baubranche. Dabei ist die abschreckende Migrationspolitik der aktuellen Regierung nicht besonders förderlich – ja sogar kontraproduktiv, kurzsichtig und definitiv nicht gastfreundlich. Abschottung ist keine opportune Politik.