Nur mit Rückendeckung aus der Bevölkerung
Viele Unternehmen der Solarwirtschaft sind hochgradig verunsichert. Denn Bundeswirtschaftsministerin Katharina Reiche will, dass neue Solaranlagen auf privaten Dächern keine fixe Einspeisevergütung mehr bekommen. Die Förderung der Privathaushalte sei „nicht mehr notwendig“, weil sich eine Solaranlage mit Speicher bereits jetzt rechne. Zugegeben: Angesichts der Gesamtkosten der Förderung aus dem Erneuerbare-Energien-Gesetz im Bundeshaushalt in Höhe von 18,5 Milliarden Euro lockt bei solchen Einschnitten viel Sparpotenzial. Doch es droht ein Sparen an der falschen Ecke.
Innovative Unternehmen belastet
Die CDU-Politikerin stützt sich auf den Bericht zum Stand der Energiewende, den die wissenschaftlichen Institute BET und EWI für das Bundeswirtschaftsministerium erstellt haben. Kernaussage: Die Strom-Nachfrage wird bis zum Jahr 2030 niedriger ausfallen als erwartet. Die Rede ist von 600 bis 700 Terrawattstunden. Frühere Berechnungen waren von 750 Terrawattstunden ausgegangen; 2024 betrug der Verbrauch 512 Terrawattstunden.
Diese neuen Prognosen nahm Katharina Reiche zum Anlass, um die Solarförderung ins Visier zu nehmen. Neben dem Förderstopp für kleine PV-Anlagen plädiert die Ministerin für die vollständige Abschaffung der Einspeisevergütung, die durch marktnahe Modelle ersetzt werden soll, und für eine Direktvermarktungspflicht für Netzanlagen: Deren Strom soll also künftig direkt am Markt angeboten werden.
Nach ihren eigenen Worten möchte die Ministerin die Energiewende nicht umkehren, aber umsteuern. Das könnte zu Lasten innovativer Unternehmen auch im Nordwesten gehen. Die bringen die Transformation der Energiewirtschaft voran und leisten dadurch einen Beitrag zum Umsetzen der Klimaziele.
Defizite bei den Smart Metern
Für diese Firmen sind die Aussagen von Ministerin Reiche Gift. Verlässlichkeit ist die Basis ihres Tuns. Wenn die nicht mehr gegeben wäre, hätte das zum Beispiel für das Engagement in Forschung und Entwicklung eine bremsende Wirkung.
Diese Unternehmen benötigen zusätzlich zu einem verlässlichen Investitionsrahmen weniger Marktbarrieren. Aus der Branche ist zu hören, dass sie unter komplexen Genehmigungsverfahren leidet. Diese seien zurzeit durch lange Wartezeiten und uneinheitliche Vorgaben bei der Installation von Solaranlagen gekennzeichnet. Dieses Problem könnte die Politik schnell und beherzt angehen; Digitalisierung und Künstliche Intelligenz wären da hilfreich.
Nachholbedarf besteht zum Beispiel ebenfalls bei der Ausstattung deutscher Haushalte mit intelligenten Stromzählern. Solche Smart Meter in möglichst vielen Häusern und Wohnungen sind die Basis für eine großflächige Systemintegration von Solarspeichern und gleichermaßen von Elektrofahrzeugen und Wärmepumpen. Doch mit einer Ausstattungsquote von zwei Prozent ist die Bundesrepublik Schlusslicht in der Europäischen Union. Hier ist die Politik ebenso gefragt!
„Wir wollen private Haushalte zu Akteuren der eigenen Energieversorgung machen.“ So heißt es im Koalitionsvertrag der Bundesregierung. Nach einer Umfrage unter Solarinstallateuren des Bundesverbandes Solarwirtschaft würden sich lediglich vier von zehn Kunden ohne eine Förderung noch eine Solarstromanlage im Heimsegment anschaffen. Diese bisher bestehenden Fördermöglichkeiten sind für die meisten Menschen der greifbarste Aspekt der Energiewende und eine wichtige Erklärung für die hohe Zustimmungsrate, die die Energiewende hierzulande noch immer hat: Bei einer Anfang 2025 veröffentlichten Umfrage im Rahmen des Kopernikus-Projektes Ariadne befürworteten 68 Prozent der Bürgerinnen und Bürger die Energiewende grundsätzlich, lediglich zwölf Prozent lehnten sie ab.
Sollte Ministerin Reiche die Axt an der Solarförderung anlegen, würden viele gesicherte Arbeitsplätze auf dem Spiel stehen. Und: Ohne die Rückendeckung aus der Bevölkerung hätte die Energiewende keinerlei Überlebenschance.





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