Mehr Ertragskraft bei den Genossenschaftsbanken in Weser-Ems

Rastede. Die 49 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Weser-Ems bleiben auf der Erfolgsspur. 2023 konnten sie trotz herausfordernden Rahmenbedingungen wie zum Beispiel Digitalisierung, Fachkräftemangel und Energiewende ihre Ertragskraft deutlich stärken und ihre Marktposition festigen.

Mit einem Jahresergebnis vor Steuern von rund 483 Millionen Euro blicken die genossenschaftlichen Institute auf ein Rekordjahr. „Angesichts der aktuell großen Herausforderungen brauchen unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken aber eine entsprechende Kapitaldecke, um ein verlässlicher Finanzpartner in der Region zu sein, die nötigen Investitionen in Digitalisierung und Fachkräftegewinnung und -entwicklung
vornehmen und sich zukunftsfähig aufstellen zu können“, betonten die Verbandsdirektoren des Genossenschaftsverband Weser-Ems (GVWE), Johannes Freundlieb und Axel Schwengels in Rastede.

Zudem erforderten die regulatorischen Auflagen eine zunehmende Eigenkapitalunterlegung bei der Kreditvergabe. Trotz der schwierigen wirtschaftlichen Bedingungen mit einer lahmenden Konjunktur und einem starken Preisauftrieb hätten die Genossenschaftsbanken in allen Bereichen Zuwächse verzeichnet. Die addierte Bilanzsumme sei moderat um knapp 2 Prozent auf 39,1 Milliarden Euro gestiegen. Für das laufende Jahr erwartet der Genossenschaftsverband Weser-Ems einen stabilen Verlauf.

Allerdings seien die anhaltende Wirtschaftsflaute, die erhöhten Zinsaufwendungen und zunehmende regulatorischen Auflagen belastende Faktoren. Die Kreditvergabe blieb nach Verbandsangaben mit einem Zuwachs von 4,8 Prozent auf insgesamt 29,65 Milliarden Euro der Motor des Wachstums. Die Wohnungswirtschaft – die vor allem auch den Handel und Dienstleistungen rund um Immobilien erfasst – sei mit einem Plus von 15,6 Prozent nach wie vor der wichtigste Bereich.Jedoch gibt es beim Wohnungsbau einen Rückgang um rund 20 Prozent zu verzeichnen.

Ein „Warnsignal an die Politik“ sei auch die zurückhaltende Investitionsbereitschaft des Agrarbereichs. „Im zweiten Jahr in Folge verzeichnen wir hier einen leichten, aber dennoch spürbaren Rückgang der Kreditnachfrage“, sagte Freundlieb. So sei die auf land- und forstwirtschaftliche Betriebe zurückgehende Kreditsumme um 1,1 Prozent auf 4,19 Milliarden Euro gesunken.

Bei den Einlagen gab es laut Freundlieb ein kleines Plus von 0,4 Prozent auf rund 25,6 Milliarden Euro: „Damit kann man angesichts der Rahmenbedingungen sehr zufrieden sein.“ So liege der Zuwachs über dem Durchschnitt der knapp 700 Volksbanken und Raiffeisenbanken in Deutschland von 0,2 Prozent. Die Kundinnen und Kunden hätten ihr Geld umgeschichtet von Girokonten und Sparbüchern in Termin- und Festgeldern, für die Genossenschaftsbanken nach Ende der Null-Zinsphase wieder attraktive Angebote gemacht hätten. Zudem sei die Wertpapieranlage gefragt gewesen. Mit einem Plus von 18,5 Prozent stiegen die Depotvolumen der Anlegerinnen und Anleger auf etwas mehr als 13 Milliarden Euro.

Das Anlagevolumen von 38,66 Milliarden Euro sei ein Beleg, dass die Kundschaft bei der Altersvorsorge und Vermögensbildung auf die genossenschaftliche Beratung und Angebote vertrauten.Die Ertragsseite sei vor allem aufgrund eines erhöhten Zinsüberschusses gestärkt worden, der im Vorjahresvergleich von 1,69 Prozent auf 2,02 Prozent der durchschnittlichen Bilanzsumme (dBS) gestiegen sei. Das Provisionsergebnis habe mit 0,62 Prozent nur leicht unter dem Vorjahr gelegen. Das Betriebsergebnis vor Bewertung sei auf 1,2 Prozent gestiegen. Das Betriebsergebnis nach Bewertung betrage 1,25 Prozent. „Das ist ein Spitzenwert und zeigt, dass das genossenschaftliche Geschäftsmodell intakt ist und die Menschen in der Region unseren Banken vertrauen“, betonte Freundlieb.

Kernaufgabe ist Fachkräftegewinnung

Die Fachkräftegewinnung bezeichneten die Verbandsdirektoren als eine der wichtigsten Kernaufgaben der Genossenschaftsbanken in Weser-Ems. „Dies sieht man auch an den hohen Anstrengungen und Investitionen unserer Mitgliedsbanken“, so Freundlieb. In den kommenden zehn Jahren würde rund ein Viertel der Beschäftigten der Genossenschaftsbanken altersbedingt ausscheiden. Bereits heute müsse man damit beginnen, diese Lücke zu schließen. Mit neuen Arbeitszeitmodellen, einem modernen Recruiting, ausgeweiteten Benefits, einer veränderten Unternehmenskultur und verstärkten Aus- und Weiterbildungsangeboten sei man innovativ unterwegs.

In der Energiewende sieht der Genossenschaftsverband eine große Chance für die Region. Es seien jährlich milliardenschwere Investitionen nötig, um die Klimaschutzziele zu erreichen. Dies könne der Staat nicht allein tragen, sondern es müsse in erheblichen Umfang privates Kapital dazu genutzt werden, betonte Verbandsdirektor Schwengels: „Unsere Volksbanken und Raiffeisenbanken sind in der Finanzierung und auch der Projektierung im Bereich der erneuerbaren Energien gut aufgestellt und ein verlässlicher Partner.“ Diese Position gelte es, weiter auszubauen.

So könnten Wind- und Solarparks, Biogasanlagen oder auch Wärmenetze nachhaltig finanziert werden und gleichzeitig würden die Bürger daran direkt teilhaben und mitbestimmen. „Das würde auch die Akzeptanz für die Energiewende erheblich stärken“, sagte Schwengels. Aber auch die vielen Immobilieneigentümer müssten in den kommenden Jahren erheblich investieren und benötigen intelligente Lösungen und verlässliche Finanzpartner. Um diese Potenziale nutzen zu können, müsse der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen verbessern. Unter anderem forderte er, dass endlich das Energy Sharing in Deutschland – also die vergünstige Nutzung von in lokalen Gebieten selbst erzeugtem Strom über das öffentliche Versorgungsnetz – umgesetzt werden müsse.