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Wo stehen wir eigentlich?

Der 63-jährige Jurist Wilhelm Mestwerdt referierte vor den Arbeitgebern

Emden. Der ehemalige Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbandes (AGV) in Emden, Johann Doden, und sein Stellvertreter Jörg Thoma haben sich lange Gedanken gemacht, wen sie zu der Jubiläums- und Verabschiedungsfeier als Festredner einladen. „Umso mehr freut es mich den Präsidenten des Landesarbeitsgerichts Niedersachsen, Herrn Wilhelm Mestwerdt, zu begrüßen“, betonte Johann Doden, der das Wort an den Festredner abgab.

Wo stehen wir eigentlich wirtschaftlich, politisch und weltpolitisch? Diese Frage versuchte Wilhelm Mestwerdt, dessen Vater auch Anwalt und Notar war, versuchte dies zu beantworten. „Zunächst stehen wir als drittgrößte Volkswirtschaft der Welt weit oben, aber es bröckelt. Zum einen hängt dies mit der Überalterung der Gesellschaft zusammen, denn 22 Prozent sind bereits über 60 Jahre alt. Im Vergleich dazu lag das Durchschnittsalter im Jahr 1950 bei 35 Jahren und im Jahr 2022 schon bei 45 Jahren. Zum anderen leidet mit zunehmendem Alter auch die Innovationsfähigkeit“, sagte Wilhelm Mestwerdt, der sich selber als „Heidjer“ bezeichnete in seiner Rede, weil er aus der Lüneburger Heide kommt.

Rund 7,3 Millionen Beschäftigte, die sogenannten Babyboomer, scheiden in den nächsten zehn Jahren aus dem Arbeitsleben aus. „So viele Menschen können gar nicht nachrücken, einige wollen nicht so gerne und dann gibt es noch eine Gruppe, sozusagen Privatiers, gut qualifizierter Menschen, die dem Arbeitsmarkt aufgrund ihrer wirtschaftlichen Situation fern bleiben“, erzählte der Jurist. Das waren knapp 900.000 Menschen im Jahr 2023 und die Tendenz ist steigend – jährlich knapp vier Prozent.

Neulich hatte ich mal ein interessantes Gespräch mit Abiturienten. Da kam dann die Frage auf, ob ich mir meinen Berufswunsch und das Studienfach auch im Hinblick auf Teilzeitbeschäftigung und 4-Tage-Woche ausgesucht hätte?“, schmunzelte der Referent. Dazu antwortete Mestwerdt: „Spaß und Zufriedenheit erhalten sie nur über Einsatz im Beruf und Engagement!“

Armutszeugnis der Demokratie“

Hinsichtlich des Arbeitsmarktes machte er deutlich, dass wir die Zuwanderung und Flüchtlingen und Migranten benötigen. „Das Bildungsniveau ist allerdings bei Menschen aus Kriegs- und Krisengebieten deutlich niedriger im Vergleich zu Zuwanderer aus zum Beispiel Indien oder Iran“, erklärte der Anwalt. Seiner Meinung bedarf es der Qualifizierung, um den „Brain“ (Verstand/Wissen) aufzufangen und für den Arbeitsmarkt fit zu machen.

Den Ausgang des Wahlsonntags am 23. März nannte er ein „Armutszeugnis für die Demokratie“. „Seit den 90-iger Jahren sind zu viele Splitterparteien entstanden. Die SPD hatte 1998 die deutliche Mehrheit und die CDU zuletzt im Jahr 2013, das bringt uns nicht wirklich nach vorne“, betonte Mestwerdt. Auch eine 3-er-Koalition sei keine gute Lösung, um Vertrauen zurückzugewinnen und die Wirtschaft anzukurbeln. „Der kleinste gemeinsame Nenner reicht eben nicht aus.“

Grundsätzlich sei Pessimismus nie ein guter Ratgeber gewesen und Ausländerfeindlichkeit fehl am Platze. „Wenn dann noch die Europa-Achse, zu der Polen-Deutschland-Frankreich gehört, erodiert, wird es schwierig“, so Mestwerdt. Dabei spielen die Menschen in der jeweiligen Region eine Rolle wie das Team vom Arbeitgeberverband – keine Chatboards.

Zum Schluss seines Vortrages kam er auf das Bürokratiemonster „EU-Taxonomie“ zu sprechen. Das sei eine völlig absurde Regelung im Hinblick auf die Berichtspflicht der Betriebe. „Das braucht kein Mensch.“

Johann Doden (rechts) ging in den Ruhestand und das Zepter übernahm Jörg Thoma (links). Foto: Inge Meyer

„Man arbeitet und lebt gerne bei uns“

Interview mit Matthias Huber, Bürgermeister der Gemeinde Apen

Apen. Matthias Huber ist seit dem 1. November 2011 hauptamtlicher Bürgermeister der Gemeinde Apen. 2019 wurde er mit großer Mehrheit für eine zweite Legislaturperiode wiedergewählt. Seit 13 Jahren hat er nun die Entwicklungen in der Gemeinde im Blick, viele Projekte im sozialen Bereich und in der Wirtschaft vorangetrieben und sich mit den zum Teil großen Veränderungen, vor die die Kommunen landes- und bundesweit gestellt wurden, befasst.

Herr Huber, welche größeren Themen in Bezug auf die Gemeindefinanzen stehen an?

Zuerst einmal möchte ich darauf hinweisen, dass die Städte und Gemeinden landauf und landab immer tiefer in finanziell schwere Fahrwasser gelangen. Die Aufgaben von Bund und Land wachsen zwar laufend weiter, sind aber nicht auskömmlich finanziert. In vielen Bereichen sind die Zuschüsse nicht mit den erheblichen Kostensteigerungen mitgewachsen. Das bedeutet für uns, dass wir – genau wie unsere Nachbarn im Ammerland – unseren ordentlichen Haushalt mit einem Volumen von 23,5 Millionen Euro nicht mehr werden ausgleichen können. Dank der guten vergangenen Jahre können wir buchhalterisch den Ausgleich allerdings darstellen. Es soll aber nicht darüber hinwegtäuschen, dass den Kommunen wichtige Finanzspielräume für die Aufgaben fehlen und somit auch die Gemeinde Apen maßgebliche Investitionen, trotz unserer Bemühungen um Fördermittel, nur mit Kreditaufnahmen stemmen kann.

Ich möchte betonen, dass wir uns hier viel „Schnick-Schnack“ wahrhaftig nicht gönnen! Wir werden bis 2028 etwa 21 Millionen Euro investieren und unsere Verbindlichkeiten in diesem Zeitraum höchstwahrscheinlich bis circa 23,2 Millionen Euro aufbauen. Somit können weitere neue Projekte zunächst nicht umgesetzt werden. Dazu zählen der Teilneubau der Janosch-Grundschule, Feuerwehrhäuser, die Großküche für unsere Schulverpflegung und weitere Straßensanierungen.

Sind diese Probleme der Gemeinde hausgemacht?

Eindeutig nein! Die aktuelle Lage spiegelt lediglich die allgemeine Unterfinanzierung der kommunalen Haushalte wider. Rat und Verwaltung vertreten weiterhin die Auffassung, dass man den Weg der Modernisierung, Instandhaltung und Investition in nachhaltige Maßnahmen nicht verlassen kann. Wir haben mit unserem Handeln die örtliche Infrastruktur modernisiert und sind attraktiv für Neubürger und Gewerbeansiedlungen. Man arbeitet und lebt gerne bei uns.

Unsere Einnahmekraft ist in den letzten Jahren enorm gestiegen. Wir durften 2024 rund 6,5 Millionen Euro an Gewerbesteuer einnehmen und sind in diesem Bereich für eine ländliche Gemeinde durch einen guten Branchenmix recht gut aufgestellt. Das zeigt, dass es sehr sinnvoll ist, weiter auf Wachstum zu bauen. Auch unsere anderen Einnahmen, wie Grundsteuern und der Anteil an der Einkommenssteuer, sind sehr gut und teilweise überdurchschnittlich gewachsen. Der Zensus 2022 hat uns leider im Finanzausgleich schlechter gestellt. Hier werden uns jährlich circa 300.000 Euro fehlen, da man uns 485 Einwohner abgezogen hat.

Dann planen Sie für 2025 eine Steuererhöhung?

Der Haushalt 2025 wurde einstimmig vom Gemeinderat ohne Steuererhöhungen beschlossen. Wir haben lediglich die Grundsteuerreform umgesetzt. Das bedeutet, bei der Grundsteuer A und B gibt es bei den einzelnen Pflichtigen Verschiebungen. Im Gesamtvolumen ist allerdings keine Erhöhung geplant worden. Der Hebesatz liegt hier jetzt bei 314 Prozent und wir möchten 2,1 Millionen Euro einnehmen. Der Gewerbesteuerhebesatz wurde weiterhin auf 380 Prozent festgelegt.

Falls es allerdings 2026 zu einer weiteren Verschärfung kommt, müssen wir durchaus mit dem Thema umgehen – insbesondere, wenn die Kreisumlage, eine Pflichtabgabe der Gemeinden an den Landkreis, erhöht werden soll. Auch der Landkreis zeigt eine Finanznot an.

Sie sind bemüht, Investitionen der Gemeinde mit Fördermitteln umzusetzen?

Ja, durchaus. Wir haben viele Investitionen oftmals mit einer geschickten Förderung verbunden. Die Gemeinde hat seit 2019 über 24,2 Millionen Euro investiert und dabei im Schnitt eine Förderquote von 35 Prozent mit 8,1 Millionen Euro erarbeitet.

Aber wie geht es weiter

Ferner wollen wir Einnahmen durch Wachstum stärken. Unsere Ansiedlungspolitik und die Begleitung unserer Wirtschaftsbetriebe tragen bereits Früchte. Wir wollen den Wirtschaftsbogen an der A28 in den nächsten Jahren nordwestlich der Uplengener Straße erweitern. Hier sind wir auf einem guten Weg: Es gibt schon vielversprechende Anfragen.

Welche weiteren Maßnahmen sind in 2025 geplant

In diesem Frühjahr starten die Straßenlaternen- und Kabelsanierungen in den Hauptstraßen des Ortes Apen. Ferner wird es den Austausch von alten Lampenköpfen in den Wohnbausiedlungen im Gemeindegebiet geben. Das Rathaus unserer Gemeinde bereitet weiter die Totalsanierung der Sporthalle im Ort Apen für 5,2 Millionen Euro vor.

Wir werden das „Apen-Forum“, die alte Schulaula, für 4,24 Millionen Euro sanieren und erweitern. Es entsteht eine Mensa mit einer modernen Veranstaltungsräumlichkeit für das ganze Gemeindegebiet. Die Gemeinde wird den Betriebshof mit 2,95 Millionen Euro sanieren und zeitgemäße Werkstätten und Sozialräume schaffen. Ferner erhält die Bahnhofstraße von der Stahlwerkstraße bis zur Poststraße eine neue Entwässerung und eine Verschleißdecke. Vor dem Bahnhof wird die Kurve eine bessere Verkehrsführung bekommen. Für Straßenbau haben wir 400.000 Euro vorgesehen und möchten Geld zurücklegen, um in 2026 in Klauhörn größere Sanierungen im ganzen Ortsteil durchführen zu können, um nur einige Projekte zu nennen.

Wie sieht es hinsichtlich der jüngsten starken Regenfälle mit Entwässerungsmaßnahmen aus?

Aufgrund der Starkregenereignisse im Jahr 2024 sind bereits 100.000 Euro im Haushalt vorgesehen, um erste Untersuchungen in den Quartieren mit großen Problemen durchzuführen und auch Baumaßnahmen für Ergänzungen, Umbauten und Instandsetzungen zu finanzieren. Dazu zählen Leitungen, Gräben und Regenrückhaltebecken. Eine aktuelle Bestandsaufnahme des Gemeindegebietes zur Oberflächenentwässerung soll ebenfalls in 2025 beginnen.

Nun steht das 175-jährige Jubiläum der Fehnortschaft Augustfehn auf der Tagesordnung. Wie hat sich Augustfehn entwickelt?

Der Fehnort mit Bahnhof, Eisenhütte und dem Dockgelände ist und wird noch mehr der Motor unserer Gemeinde. Wir liegen strategisch optimal in der südlichen Halbinsel Ostfriesland, im Dreiländereck LK Cloppenburg, LK Leer und LK Ammerland. Das macht uns sehr attraktiv als Wohnort, Lebensmittelpunkt und Gewerbestandort.

Die Nachfrage von Gewerbegrundstücken im Wirtschaftsbogen an der A28 stimmt uns zuversichtlich. Wir gehören mit der Gemeindelage verkehrsgünstig zum erweiterten

Einzugsbereich des Oberzentrums Oldenburg. Die neue IGS Augustfehn am Bahnhof ist ein Magnet für Familien und das Wohnbaugebiet Augustfehn-Hengstforde wächst weiterhin. Ich finde, dass man bei uns die Zukunft spürt.

 

 

Familienfreundlichkeit punktet eindeutig!

Neuer Vorstand im Überbetrieblichen Verbund Ostfriesland e.V.

Aurich. Bei der Mitgliederversammlung des Überbetrieblichen Verbund Ostfriesland e.V. (ÜV) wurde Andreas Meinders von der Firma Orgadata erneut im Vorstand bestätigt. Ingo de Vries, der in den vergangenen Jahren einen wesentlichen Beitrag geleistet hat, entschied sich, nicht wieder anzutreten.

Neu in den Vorstand gewählt wurde Jelto Müller, Geschäftsführer der Wirtschaftsförderung Landkreis Aurich GmbH. Mit seiner Erfahrung und seinem Know-how bringt er frische Perspektiven und innovative Ideen in die Führung des Verbundes ein. Der Vorstand wird zudem durch Heidi Wientjes, Landkreis Aurich, sowie Anastasia de Vries, Landkreis Leer, vervollständigt. Beide sind in ihren Funktionen als Leiterinnen der Koordinierungsstellen Frauen und Beruf automatisch auch ÜV-Geschäftsstellenleiterinnen.

Die Bildung eines neuen Führungsteams ist ein weiterer Schritt in Richtung einer verstärkten Fokussierung auf die Ziele des Netzwerks. Die Mitgliederversammlung endete mit einem positiven Ausblick auf die kommenden Projekte und Herausforderungen, die angegangen werden sollen. Vorstand und Mitglieder werden weiterhin daran arbeiten, ein attraktives und gesundes Arbeitsumfeld zu schaffen, welches den Bedürfnissen der Arbeitnehmer gerecht wird und gleichzeitig die Wettbewerbsfähigkeit der Unternehmen stärkt.

In Anbetracht des fortschreitenden Fachkräftemangels ist die Schaffung von Arbeitsplätzen, die sowohl familienfreundlich als auch gesundheitsbewusst sind, von entscheidender Bedeutung. Knapp 60 Unternehmen haben sich bisher diesem Netzwerk angeschlossen, um von den Erfahrungen und Strategien ihrer Kolleginnen und Kollegen zu profitieren.

Zahlreiche Studien belegen, dass ein familienfreundliches Arbeitsumfeld dazu beiträgt, die Zufriedenheit und Motivation der Mitarbeiter zu steigern. Flexible Arbeitszeiten, Homeoffice-Möglichkeiten und Maßnahmen zur Verbesserung der Work-Life-Balance sind nur einige der Aspekte, die Unternehmen in Betracht ziehen sollten, um die Attraktivität ihrer Arbeitsplätze zu erhöhen.

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